Köln, den 01.11.1990
Liebe Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland!
Wir als politisch verfolgte Flüchtlinge in Ihrem Lande möchten heute mit unserer Protestversammlung die freien Menschen dieses demokratischen Landes auf unsere Sorgen und Nöte aufmerksam machen.
Politische Flüchtlinge, Asylbewerber und anerkannte Asylanten haben ihr geliebtes Vaterland, ihre Heimat, ihre Verwandten und Freunde nicht aus wirtschaftlichen Gründen oder freiwillig verlassen.
Sie alle kennen die jüngste Geschichte Ihres Landes, die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft, die Zeit der 40jährigen SED-Herrschaft im anderen Teil Ihres Vaterlandes, wo politisch Andersdenkende verfolgt, mißhandelt und zum Teil an der Mauer und Stacheldraht physisch beseitigt wurden. Tausende von diesen Menschen haben ihr Leben durch die Flucht ins Ausland gerettet und in der Verbannung für ihre Ideale, nämlich Freiheit und Demokratie, Verteidigung der Menschenrechte und Menschenwürde, weitergekämpft.
Unser sehnlichster Wunsch ist, eines Tages wieder in unsere Länder zurückkehren zu können.
Um uns auf diesen Weg zu unterstützen, bitten wir die Bundesregierung, die politischen Parteien
und Repräsentanten dieses Staates, die Oppositionellen und die politisch Verfolgten zu
unterstützen, indem sie im Umgang mit den Diktatoren (z. B. das Mullah-Regime im Iran und das
Saddam-Hussein-Regime im Irak) weniger Rücksicht auf ihre Milliarden-Geschäfte nehmen und umso
mehr ihrer moralischen Verpflichtung gegenüber der Unterdrückten und Entrechteten nachkommen würden.
Die Verteidigung der Menschenrechte und -würde, verankert in der Menschenrechtsresolution der
Vereinten Nationen und auch in der Schlußakte der KSZE in Helsinki, verpflichtet alle Staaten
der Welt, auch die Bundesregierung, überall in der Welt, wo diese
Rechte verletzt werden, sich zur Wehr zu setzen und zugleich den Verfolgten und Gefährdeten
beizustehen und zu helfen.
Die Bundesregierung und die politischen Institutionen sowie die Medien dieses Landes müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, daß sie vielmehr Rücksicht auf die diplomatischen Gepflogenheiten und Abwicklung ihrer Milliarden-Geschäfte genommen haben als auf die Rechte der Schwachen und Verfolgten.